Die BSG Chemie Leipzig solidarisierte sich am gestrigen Mittwoch, 20. September, mit dem SV Babelsberg 03 und veröffentlichte eine ausführliche Stellungnahme zum Urteil des NOFV-Gerichts gegen den SV Babelsberg 03. Für die herzlichen Worte und die Unterstützung möchten wir uns vielmals bedanken. In den Farben getrennt, in der Botschaft vereint:
Wir lassen uns nicht verbieten, sich gegen Nazis zu wehren!
Weitere Informationen zum NOFV-Urteil unter: https://archiv.babelsberg03.de/?p=28317
Stellungnahme der BSG Chemie Leipzig: “In fremder und doch eigener Sache”
Mit dem Aufstieg 2016 in die Oberliga ist die BSG Chemie Leipzig auch in neue, alte Verbandsgefilde zurückgekehrt. Für den Wettkampfbetrieb in Oberliga und Regionalliga zuständig ist der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV), zu dem unser Verein ein absolut professionelles, konstruktives und partnerschaftliches Verhältnis pflegt. Enorm hilfreich hierbei ist das in den vergangenen Jahren großartige Verhalten unserer Fans, für die die lautstarke Unterstützung unserer Mannschaft stets im Vordergrund stand und steht – egal, ob in “normalen” Spielen oder jüngst im Derby gegen den 1. FC Lok Leipzig.
Dennoch ist es uns ein Bedürfnis, uns zu einer aktuellen Thematik rund um den Fußball in der Regionalliga Nordost zu äußern. Das Punktspiel SV Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus am Ende der vergangenen Spielzeit wurde am Spielfeldrand von vielen unschönen Szenen begleitet. Weil Pyrotechnik als Waffe eingesetzt wurde und Anhänger den Platz betreten hatten, musste das Spiel zweimal unterbrochen werden. Insbesondere eine Gruppe von Cottbussern fiel durch ein hohes Aggressionspotenzial, das Rufen rechter Parolen (u.a. „Arbeit macht frei, Babelsberg 03“) und das mehrmalige Zeigen des Hitlergrußes auf.
Im Nachgang des Spiels wurden beide Vereine durch das NOFV-Sportgericht für das Fehlverhalten ihrer Anhänger sanktioniert; Energie Cottbus mit 10.000 Euro Geldstrafe und einem Geisterspiel (wurde nach Berufung des FCE abgeändert), der SV Babelsberg 03 mit 7.000 Euro Geldstrafe. Dabei gab vor allem das Urteil gegen die Babelsberger Gastgeber Anlass zur Irritation. Unter anderem erachtete das Sportgericht auch die Reaktion der Heimfans auf die nazistischen Parolen und Gesten aus dem Gästeblock („Nazischweine raus“) als sanktionswürdig, während Letztere – trotz umfangreichen Bild- und Tonmaterials im Internet und in den Medien – im Urteilstext keinerlei Erwähnung fanden. Eine Berufung des SV Babelsberg 03 wurde aufgrund eines Formfehlers abgelehnt. Nun will der Verein auf zivilrechtlichem Wege gegen das Urteil vorgehen.
Normalerweise halten wir es nicht für die Aufgabe der BSG Chemie Leipzig, die Angelegenheiten anderer Vereine und fremde Sportgerichtsverfahren zu kommentieren. In diesem Falle machen wir jedoch eine Ausnahme. Wir begrüßen, wie sich der DFB seit geraumer Zeit – und zuletzt nochmals im Falle der rechtsradikalen Ausfälle einiger deutscher Fans beim Länderspiel in Prag – vehement gegen rechte Umtriebe und Diskriminierung im Stadion positioniert und dagegen vorgeht. Allerdings kann dieser Kampf nach unserem Empfinden nur dann langfristig von Erfolg gekrönt werden, wenn die von DFB vorgegebene Haltung auch in den Ebenen darunter eingenommen und umgesetzt wird. Werden rechte Umtriebe ignoriert und gleichzeitig (gewaltfreies) Anprangern ebenjener bestraft, so ist dies aus unserer Sicht ein Missverhältnis, das Anlass zur Besorgnis gibt.
Wir verstehen den SV Babelsberg 03, der sich in der Angelegenheit ungerecht behandelt fühlt, und wünschen ihm viel Erfolg bei seinem Vorgehen auf zivilrechtlichem Wege. Ungeachtet dessen werden wir die gute Zusammenarbeit mit dem NOFV fortsetzen, auch in der Hoffnung, unseren Teil zu einer konstruktiven Debatte über Sportgerichtsbarkeit und den Umgang mit Diskriminierung im Amateurfußball leisten zu können.
Leipzig, 20.09.2017
BSG Chemie Leipzig e.V.