Blauweissbunt*Nulldrei empfiehlt …


Lesung mit Tanja Walther-Ahrens und anschließender Podiumsdiskussion

In Zusammenarbeit mit dem Fanbeirat des SV Babelsberg 03 und dem Verein Fußballfans gegen Homophobie e.V.

In dieser Lesung stellt Tanja Walther-Ahrens ihr Buch vor. In diesem Buch werden Sie auf 180 Seiten über etwas lesen, was es gar nicht gibt: Homosexuelle im Fußball.

Mario Basler, ehemaliger Deutscher Nationalspieler, antwortet 2008 in einer Dokumentation des Deutschen Sport Fernsehens auf die Frage nach schwulen Fußballern: »Gibt es nicht, sag ich nix dazu. Gibt es nicht. Es gibt keine schwulen Fußballer.« Und auch der Präsident des französischen Fußballverbandes, Jean Pierre Escalettes, meint in einem Ende 2009 veröffentlichten Film: »Die Französische Charta gegen Homophobie im Fußball lenkt die Aufmerksamkeit auf etwas, das zum Glück nicht verbreitet ist.« Es gibt also keine Homosexuellen im Fußball, zumindest nicht im Männerfußball. Frauenfußball kann eigentlich nur von lesbischen Frauen gespielt werden. Es ist schließlich eine Männersportart und Lesben sind bekanntlich Mannweiber. So weit, so gut.

Ich spiele seit ungefähr 35 Jahren Fußball: Angefangen im kleinen Dorfverein in Hessen; in den Landesauswahlteams von Berlin, Brandenburg und Hessen; im amerikanischen Spitzensport eines Colleges; im deutschen Leistungssport bei Turbine Potsdam; in der Berliner Landesliga in einem Frauen/Lesbensportverein. Durch das Studium der Sportwissenschaften und das Sporttreiben in Ligen und Verbänden kenne ich Sport einerseits von seiner vorwiegend heterosexuellen Seite. Andererseits ist er mir durch lesbisch-schwule Sportvereine und -veranstaltungen auch von seiner vorwiegend homosexuellen Seite her bekannt. Erstaunlich, dass in all diesen Jahren die Vorurteile, Klischees und Intoleranzen gleich geblieben sind.

[…] Der traditionelle Sport verändert sich nur langsam. Unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklungen, wie etwa die Emanzipationsbestrebungen der Frauen, die Entstehung einer Lesben- und Schwulenbewegung und die Wandlung von der Leibeserziehung hin zum Freizeitsport, zeigen auch hier Wirkung – allerdings zeitverzögert.

Dieses Buch soll Anstoß liefern zum Überdenken althergebrachter Ideen und Ideale und damit verknüpfter Mechanismen von Ausgrenzung und Diskriminierung im Sport, ganz besonders in der schönsten Nebensache der Welt – dem Fußball.Dabei besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit, obwoh ich versucht habe, möglichst viele Aspekte, Gedanken und Sichtweisen einzubringen. Auch ist dieses Werk keine abschließende wissenschaftliche Abhandlung. Dieses Buch soll Anregen zu einem Perspektivwechsel. Viele in der Community glauben schließlich Sport sei Mord und Sportkleidung nur für Fetisch-Veranstaltungen gemacht. Und Heterosexuelle sind immer wieder schwer davon zu überzeugen, dass der Handtaschenweitwurf und Partyhopping nicht die einzigen Sportarten der Homosexuellen sind.

Es würde mich freuen, wenn das vorliegende Werk Offiziellen und TrainerInnen im Sport eine Idee davon vermitteln kann, wie viel mehr Leistung ihre AthletInnen erbringen könnten, wenn sie in ihrem ganzen Sein wahrgenommen werden und wenn auch die Community wieder einmal über ihren eigenen Tellerrand schaut und sich von etwas begeistern lässt, woran sie in ihrer Jugend durch den Schulsport vielleicht die Lust verloren hat. Alle anderen erfahren hoffentlich interessante Neuigkeiten, lassen sich verblüffen, berühren und aufwecken und vielleicht das eine oder andere Mal zu einem Schmunzeln animieren. Am besten dann, wenn Sie sich selbst dabei erwischen, wie Sie eine Schublade Vorurteile aufmachen.

Egal auf welcher Seite Sie gerade stehen, lassen Sie sich ein auf einen Seitenwechsel, kommen Sie mit ans andere Ufer.