The Wall Street Journal (04.03.2014)
In den 1990er Jahren konnten Begegnungen mit Leuten in Lonsdale-Klamotten sehr ungemütlich werden. Die Boxermarke aus London gehörte zur festen Ausstattung der rechten Szene, von Skins und Neonazis. Das Unternehmen versucht seit Ende der 1990er Jahre, sein Image zu korrigieren und andere Kunden zu gewinnen. Rechte Klamottenläden flogen aus dem Händlernetz, 2005 zierte der Schriftzug den Christopher-Street-Day in Köln.
Doch jetzt positioniert sich der alte Ausstatter von Champions wie Muhammad Ali und Lennox Lewis dezidiert im linken Spektrum. Gesponsert werden seit Februar die beiden Fußballclubs Roter Stern Leipzig und Babelsberg 03. Beide Clubs stehen für den Kampf gegen Rassismus, Homophobie und Diskriminierung. Rechte Sprüche und die auf deutschen Fußballplätzen beliebten Titulierungen als „Schwuchtel“ oder „schwule Sau“ wird man von den Fans beider Mannschaften nicht hören. “Wir wollten an die Tradition der Marke im Fußball anknüpfen, die in England sicher bekannter ist als in Deutschland“, sagt der Deutschland-Sprecher von Lonsdale, Ralf Elfering. Die Erinnerung an die 1990er Jahre sei natürlich nicht ausgelöscht und „deshalb wollten wir uns dort engagieren, wo konsequent gegen Rassismus gekämpft wird“.
Der Rote Stern ist im links-alternativen Stadtviertel Connewitz beheimatet. Die erste Mannschaft kickt in der Leipziger Stadtliga und freut sich über neue Trikots im traditionellen Schwarz-Rot oder für die Auswärtsspiele in Grün-Weiß. Auf der Facebook-Seite des Clubs gibt es ein reges Interesse an der frischen Spielbekleidung.
Lonsdale bezahlt aber nicht nur neue Trikotsätze. Beim nächsten Heimspiel Mitte März wird den Fans ein roter Kleinbus vorgestellt, der nicht nur die Mannschaft zum nächsten Gegner transportieren soll. Das Gefährt dient auch zur Beschallung der Heimspiele und darf dezidiert auch bei Demos gegen Rechts eingesetzt werden.
Angst, von einer politischen Schublade in die andere zu rutschen, hat Lonsdale nicht. „Der Bus ist natürlich hauptsächlich im sportlichen Einsatz. Aber die Stimme gegen Rassismus sollte nicht nur auf dem Fußballplatz erklingen“, sagt Sprecher Elfering.
Das Engagement bei den Sternen lässt sich die Firma einen vierstelligen Betrag kosten, in Babelsberg ist es ein fünfstelliger. „Lonsdale und Babelsberg 03 verbindet eine gemeinsame Wertvorstellung in Bezug auf Gleichberechtigung, Toleranz und Integration“, erklärt der Verein aus Potsdam, der in der vierten Liga spielt.
Bei einigen Fans, die sich an unschöne Kontakte mit den früheren Lonsdale-Trägern erinnern, bleiben dennoch Zweifel zurück. Wie immer gilt also auch hier die alte Regel des Fußball-Weisen Otto Rehagel: Die Wahrheit liegt auf dem Platz.