RL Nordost, 20. Spieltag: Germania Halberstadt vs. Babelsberg 03 1:2 (0:1)

 

Vorbericht

Rock’n’Roul Baby

Wenn es um Architektur geht, bin ich ja nun wirklich kein Experte. Das muss man aber wohl sein, um Gefallen an der Halberstädter Bausubstanz zu finden. Wobei doch aber gerade diese ein Grund sein sollte, warum ich mich mitsamt sechs Gleichgesinnten, einem Geschenkekorb und einem Herrenmagazin auf den Weg quer durch die schwarzerdebedeckte Börde in den Harz machte.

Unverhältnismäßig früh ging es bereits los, war doch geplant, die historische Innenstadt genauer zu begutachten. Wenn diese Verheißungen noch nicht Grund genug zur Mitreise waren, überzeugten zusätzlich die zu erwartenden kulinarischen Köstlichkeiten. Scheinbar ausgehungert von tage- und vor allem nächtelanger Frohnarbeit in den Katakomben des Karlis faselte insbesondere ein Herr Höntze fortwährend von den „leckeren Rouladen“ auf die er sich so freue. Oese dagegen durfte sich erst einmal auf einen prall gefüllten, nachträglichen Geburtstagsgeschenkekorb freuen. Neben Flaschenhälsen lugten auch Möhrchen, mundgerecht präparierte Paprikastücke, Apfelachtel und besagtes Herrenmagazin heraus.

Nachdem auch die Neubauern im Vorstand des SVB eingesackt wurden, trat unser mehr als freundlicher Fahrer Le Petit ordentlich ins Gaspedal hinein, so dass Landschaften und Autobahnkilometer nur so an uns vorbei rauschten und wir uns nur gefühlte Augenblicke später am Fuße des Halberstädter Doms wiederfanden. Allerdings kam da bereits die Frage auf, wo sich denn die angeblich 400 erhaltenen Fachwerkhäuser zwischen all dieser neo-ostdeutschen Minimalbauweise versteckten. Das alles übertrumpfende Magenknurren und Rumgejaule des Herrn Höntze machte eine eingehende Debatte aber unmöglich. Also ging es besser gleich in Richtung Domplatz bzw. namensgebenden Gebäude. Das um Spenden bittende Einlasspersonal wurde mit Verweis auf die vollen Blasen der Reisegruppe zunächst ignoriert. Bevor es schon an dieser Stelle zu Gesichtsentgleisungen unter den Lesenden kommt, sei versichert, dass wir selbstredend unserer Bürgerpflicht später nachgekommen sind. Sieben brennende Kerzen später trollten wir uns wieder und würdigten auf dem Weg zur Liebfrauenkirche noch die Gebäude der Hochschule Harz, wo z.B. auch Abschlüsse im Strategischen Touristikmanagement winken. Das wäre doch mal was für eine Inhouse-Schulung für die Halberstädter Rathausspitze. Denn, schrauben wir uns landeshauptstädtischen Ansprüche mal auf Normalniveau runter, doll was los war an diesem Sonntag hier nicht.

Oder war es nur gut versteckt? Wir suchten also weiter nach Lebenden und Thoralf nach Rouladen.

Hah! War das nicht eben eine? Ach Nein, es war doch nur ein Rollladen den die lokale Spätverkaufsstellenbesitzerin vor uns hinunter ließ. Also nicht mal ein Tropfen Schierker Feuerstein als flüssiges Intermezzo.

Kurz bevor sich Herr Höntze dann vollends in Tränen auflöste schien finale Rettung zu nahen. Die Speisekarte des Café und Restaurant „Alt Halberstadt“ in der Straße Voigtei 17 – 19 versprach die lang gesuchten Gaumenfreuden. Unser Besuch endete jedoch abrupt und wenig kommunikativ:

„Guten Tag, wir sind zu siebent.“

„Hab ich nicht!“

Dann ist ja alles gesagt.

Wir also weiter, suchend, selbst mein Magen machte sich langsam bemerkbar. Im besten Haus am Platze, dem Restaurant Stephanus am Domplatz 40 fand sich dann der so sehnlichst erwünschte freie Tisch. Es gab zwar keine Rouladen doch Schnitzel vom Schweinefilet mit Grünkohl, Birne und Röstkartoffeln für 13,90 Euro klangen mittlerweile auch wie ein Care-Paket aus dem Schlaraffenland. Abermals verfehlte jedoch unser Bestellversuch seine Wirkung:

„Ohhhhhhh, das kann dauern!“

Nicht unbedingt eine erwartete Antwort, auch in Anbetracht des nahenden Anpfiffs im anstehenden Regionalligaspiel.

„Geht `ne Wurst schneller?“

„Ich kann mal fragen.“

Unser Glück war grenzenlos, ja, es ging. So verköstigten wir uns mit drei Bier, einem Radler, zwei Kaffee und drei Würstchen mit Senf.

Der Rest ist dann schnell erzählt. Das charmant-spartanische Friedensstadion begrüßte seine 548 Gäste mit jeder Menge Wind. Von diesem nahezu verweht wurde auch die Spielanlage unserer Babelsberger Mannschaft, so dass sich Jule Prochnow und Co. zunächst eher defensiv orientieren mussten. Die elf Germanen im Dress des VfB setzten die ersten Akzente. Besonders Emmanuel Krontiris tat sich hier mit zwei Schüssen hervor, der zweite klatschte immerhin an die Querlatte.

Während die ersten schon auf dem Weg zum Halbzeitkaffee waren, legte sich Zimmer noch am linken Rand des 16er einen letzten Freistoß zurecht. Diesen schlenzte er gar nicht mal so gefährlich auf die Ein-Mann-Mauer der Hausherren von wo aus der Ball seinen windbeeinflussten Weg vorbei am linken Pfosten ins Netz fand.

Eine sehr nette Geste erlaubte sich der Torschütze dann zu Beginn der zweiten Halbzeit. Weil wie erwähnt nur die Hälfte der Babelsberger das eben beschrieben Tor sehen und miterleben konnte, wiederholte er gleiches umgehend. Erneut ruhte der Ball im linken Offensivquadranten, erneut kam der Ball in Richtung erster Pfosten. War es zuvor aber ein Kopf, welcher abfälschte, gab nun ein Schienbein dem Ball einen Impuls zum Flug direkt unter die Querlatte. Da kann man als Keeper nur hinterher gucken.

Ansonsten ist nur noch vom Anschlusstreffer der Heimmannschaft und den vergebenen Kontern des SVB zu berichten. Ersteres wurde durch inkonsequentes Passspiel zwischen Uzun und Zimmer eingeleitet, welche daraufhin den Ball verloren. Dieser fand sich nur zwei Querpässe später beim Halberstädter Kapitän wieder und Mörck zog unhaltbar in den rechten Dreiangel ab.

Die erwähnten Konterversuche mag man gar nicht so detailliert ausführen. Egal ob nun Becker, Blazynski oder Uzun mehr oder weniger allein auf dem Weg zum VfBG-Tor waren, entweder Geläuf oder Wind verhinderten jeweils einen gelungenen Abschluss.

Letztendlich blieb es beim höhepunktarmen 2:1 aus Babelsberger Sicht, was nicht unbedingt den Spielanteilen, aber dem Übergewicht an Cleverness an diesem Tag entsprach. Somit überholt Blau und Weiß den heutigen Gegner auch in der Tabelle und setzt sich im Mittelfeld fest.

Vorm Stadiontor jaulte schon der Motor unseres Gefährts, welches uns sicher ins Märkische brachte. Im Gepäck drei Punkte, ein leerer Proviantkorb, im Mund den Geschmack von Würstchen aber im Bauch ein Loch, zufällig genauso groß wie eine handelsübliche Roulade. Wir hoffen auf ein anderes Mal.


Halberstadt: P. Nagel, Schütze (54. Seitz), Steinhauer, Schubert, Schulze, Mörck, Mostowfi (35. Labisch), Nagel, Krontiris, Gottschick, Bolivard (54. Georgi)

SVB: Gladrow, Zimmer, Hebib, Prochnow, Mihm, Sindik, Schwarz, Uzun, Lemke (46. Becker), Albrecht (78. Blazynski), Makangu (61. Makangu)

Tore: 0:1, 0:2 Zimmer (45. und 56.), 1:2 Mörck (73.)

Zuschauer: 548, davon ca. 150 aus Babelsberg